Tief im Wald, wo die Wurzeln wie verschlungene Gedanken durch das Erdreich streifen, lebte ein Mooslicht – selten, sanft, ein wenig schimmernd. Es wusste nicht viel von Machtspielen oder Geltung, aber es wusste, wie man zuhört, wie man Wärme spendet.
Eines Tages kamen die Krähen. Sie wirkten klug, stolz und so selbstsicher, dass das Mooslicht sie sofort bewunderte. Die Krähen wollten ein Spiel spielen und sagten dem Mooslicht. „Ein Spiel mit Worten – du kannst mitmachen.“
Sie gaben dem Mooslicht Aufgaben. Sag dies nicht. Lache so. Sprich in Rätseln, dann lachen wir. Sag deine Meinung – dann lachen wir noch mehr.
Das Mooslicht war verwirrt. Immer wieder änderten sie die Regeln. Und wenn es sich zurückzog, riefen sie hinterher: „Komm, es war doch nur ein Spiel!“ Doch das kleine Mooslicht fühlte sich jedes Mal ein wenig kleiner, wenn es mitspielte. Seine kleinen Wurzeln zogen sich zusammen, das Leuchten wurde blasser.
Eines Tages hörte es im Laub ein Rascheln. Ein alter Igel, der im Schatten kaum zu erkennen war. „Du spielst nicht“, sagte er. „Du wirst gespielt.“
Das Mooslicht erschrak. Doch in diesem Satz lag etwas, das es verstand – tief im Inneren.
Am nächsten Tag, als die Krähen wieder kamen, legte es eine Krähenfeder auf einen Stein. Und auf diesen stand in zittriger Schrift:
„Ich spiele nicht mehr.“
Es drehte sich nicht um, als es fortging. Die Krähen krächzten, tuschelten und mit der Zeit verloren sie das Interesse. Denn ohne das Mooslicht – war es kein Spiel mehr.
Im Dickicht fand es neue Stimmen. Leise, manchmal schüchtern, manchmal eigenwillig. Aber echt. Und langsam, ganz langsam, wurde das Mooslicht wieder heller.