zur Startseite

Tribut des Frettchens

Inhaltsverzeichnis
Tribut des Frettchens Ein Frettchen, das immer viel beschäftigt ist. Läuft hin und her und macht und tut. Noch weiß man nicht so recht, was hier passiert. Man sieht es von links nach rechts laufen; Einen schweren Beutel hinter sich herziehend. Dann auf dem Weg zurück, eilt es mit Nüssen und kleinen Früchten unterm Arm gestapelt, die bis zur Nasenspitze reichen. Es verschwindet hastig in seinem Häuschen. Man sieht es darin herumwuseln. Hin und her. Licht an, Licht aus. Treppauf, treppab.

Ein schiefes, aber liebevolles Zuhause. Holzdielen knarzen und es riecht nach Hagebuttentee und Plätzchen. Draußen hat es Bilder an die Wand gehängt und es steht ein hübsch gedeckter Tisch im Garten. Hohe Gräser und Wildblumen wachsen dort. Bienchen summen und die Sonne scheint. Ein wundervoller warmer Tag.

Dann sieht man es wieder flitzen. Das Frettchen. Ganz wildes Haar hat es auf dem Kopf und es bewegt sich, als kenne es keine Ruh. Es ist so in Eile. Wieder rennt es mit einigen Habseligkeiten aus dem Häuschen und kommt ebenso schnell wieder mit anderem Gut zurück.

Auf einem Baum, nur einen Hüpfer weit entfernt, sitzt eine Eule und beobachtet dieses Treiben schon eine ganze Weile. Sie trägt einen blauen Strickpullover auf dem ein kleiner Pudel aufgestickt ist. Er ist ein bisschen zu klein und rutscht manchmal etwas höher als er sollte. Die Eule zieht den Pulli etwas nach unten, ohne den Blick vom Frettchen zu nehmen.

„Hey du, was machst du da?! Bekommst du Besuch?!“

Das Frettchen ist so im Eifer, dass es die Eule zunächst gar nicht bemerkt.

„Uh-Hu!“ macht die Eule erneut und wirft ganz vorsichtig und im hohen Bogen ein kleines Kieselsteinchen nach dem Frettchen.

„Was machst du denn da so emsig?“ fragt die Eule.

Verwundert bleibt das Frettchen stehen:

„Ich muss doch alles vorbereiten und prüfen!“ Es muss doch alles fein sein. Man muss sich doch hier wohlfühlen, sich gut aufgehoben fühlen und man muss doch merken, dass ich mich kümmere und zuvorkommend bin. Ja, ja - das ist doch so. Das muss doch so!“

„Bekommst du denn Besuch?“

fragt die Eule erneut und zieht dabei wieder etwas an ihrem Pullover herum.

„Was Besuch? Nein. Nein, ich bekomme keinen Besuch. Aber es muss doch vorbereitet sein. Es muss doch alles stimmig sein.

Die Eule entgegnet:
„Aber wenn du keinen Besuch bekommst, für wen machst du das dann?“

„Na, falls Besuch kommt. Dann weiß er nämlich, dass ich an ihn gedacht habe, ganz ohne, dass er mir das sagen musste. Und dann habe ich alles richtig gemacht.“ Sagte das Frettchen ganz gestresst.

Die Eule zieht beide Augenbrauen hoch - den Pulli wieder ein wenig weiter nach unten. Sie scheint dieses merkwürdige Treiben nun verstanden zu haben: „Du machst es, als wäre es ganz dringend, als wäre es deine Pflicht!? Es muss doch furchtbar ermüdend für dich sein. Den ganzen Tag machst du das nun schon, Stunde um Stunde. Es kostet dich alles was du bist und alles was du hast.

Das Frettchen verzieht traurig das Gesichtlein und lässt die Schultern herab hängen. „Ja, es ist ganz furchtbar anstrengend.“

Ganz ruhig und nachsichtig sagt die Eule..:“

„Du musst aber nicht prüfen, ob alles stimmig ist.Und du musst auch nichts vorbereiten und nichts deuten. Du musst es niemandem recht machen. Und vor allem musst du dich nicht um das Seelenheil deines nicht anwesenden Besuchs kümmern… stell dir doch nur mal vor, jemand anderes würde meinen, einen solchen Aufwand für dich betreiben zu müssen!".

Das kleine Frettchen blickt jetzt mit großen Augen hinauf zur Eule, die sich gerade ihren Strickpullover erneut zurecht zieht und einen Fussel darauf entfernt.

„Wenn es so viel kostet, dann würde ich das niemals von jemandem verlangen. Dann bleibt ja gar nichts mehr von ihm übrig!“

Die Eule nickt erleichtert:
„Ja, so wäre das. Und das sollte so nicht sein. Du solltest das nicht machen müssen. Nicht als Pflicht, nicht als Tribut, nicht als Wiedergutmachung. Und soetwas darfst du auch nicht von deinem Gegenüber erwarten. Denn es nimmt euch die schöne Zeit, die ihr miteinander haben solltet. Freude an eurem Dasein; Nicht mehr und nicht weniger. Du kannst einfach hier sein, ohne diese Selbstaufgabe; Und dann wird jemand kommen, der weiß, dass du gar nichts tun musst. Er erwartet nichts. Er fragt nichts. Er deutet auch nichts. Er ist nur da…“

Und das Frettchen nahm sich die Worte der Eule zu Herzen. Richtete sich auf, strich sich die Haare ordentlich und sagte:

„Ja, da hast du wohl Recht. Ich bin sehr erschöpft. Und ich weiß nun, dass es nichts Gutes bringt, wenn man sich so verausgabt. Das würde auch nie jemand von mir verlangen, der es gut mit mir meint...

Und so standen sie noch eine ganze Weile, unterhielten sich über schöne Dinge, den warmen Sonnenschein und kleine Glücksmomente. Tribut des Frettchens Zum Inhaltsverzeichnis